Implementierung des grauen Energieaufwands in den iterativen intergierten Entwurfsprozess

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Beteiligte Institute

Technische Universität München, Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen, Prof.Thomas Auer

Technische Universität Darmstadt, Lehrstuhl für Fassadentechnik, Prof. Ulrich Knaack

Rheinisch Westfälische Technische Hochschule Aachen, Lehrgebiet Rezykliergerechtes Bauen, Prof. Linda Hildebrand

Haas Cook Zemmrich - STUDIO2050, Martin Haas

Transsolar, Christian Frenzel

Knippers Helbig Advanced Engineering, Thorsten Helbig

Zusammenfassung

Durch konzeptionelles ganzheitliches Entwickeln von Bauvorhaben in interdisziplinären Planungsteams entstehen heute zukunftsfähige Gebäude, die mit einem minimalen Aufwand an Energie dem Nutzer ein optimales Raumklima bieten. In den letzten Jahrzenten hat die Forschung im Bausektor den Schwerpunkt auf die Senkung des Energiebedarfs im Gebäudebetrieb gesetzt.

Dadurch sind Gebäude entstanden, die zwar einen sehr geringen Energiebedarf im Betrieb haben (z.B. Passivhäuser), der energetische Aufwand zur Errichtung jedoch nicht thematisiert, berechnet oder in die Konzeption integriert wurde. Diese Herangehensweise führt zu einem Modell, das partiell zunehmend mehr Anlagentechnik und Material im Gebäude verlangt. In diesem Kontext wurde der energetische Aufwand für die Erstellung des Gebäudes und dessen Bestandteile nur nachträglich bewertet, erst nach Abschluss der Planungsprozesses. Dadurch konnte diese entscheidende Komponente die Planung nicht mehr beeinflussen.

Das Konzept der «Grauen Energie», d.h. die Kalkulation der Energiemenge, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes benötigt wird, sowie die Betrachtung von Lebenszyklen einzelner Gebäudebestandteile gewinnen erst seit einiger Zeit an Bedeutung. Im Forschungsprojekt“ Entwicklung von Strategien zur Implementierung des grauen Energieaufwands in den iterativen intergierten Entwurfsprozess von Gebäuden am Beispiel der Firmenzentrale „Alnatura-Welt” in Darmstadt“ wurden Strategien evaluiert, um den Anteil der für das Gebäude notwendiger grauer Energie zu minimieren.

In der Planung des Alnatura Campus in Darmstadt, ein Projekt der Architekten Haas Cook Zemmrich, wurde besonders darauf geachtet dass durch passive Maßnahmen der Aufwand für technische Anlagen minimiert wird, trotzdem bei hohen Anforderungen an den Komfort für die Arbeitswelt. Dabei sollen an das Klima und den Anforderungen angepasste Strategien ein hohes Maß an Flexibilität sowie ein geringer Aufwand für Wartung und Revision versprechen, damit weder weitere graue Energie noch Kosten für neue Installationen oder zusätzliche technische Anlagen anfallen. Freiliegende Speichermassen können für die Temperierung passiv durch Nachtauskühlung oder aktiv durch Bauteilaktivierung genutzt werden. Neben der Entwicklung von Strategien zur Implementierung des grauen Energieaufwands in den iterativen intergierten Entwurfsprozess von Gebäuden gelingt so auch eine Reduzierung des Energiebedarfs.

Durch die frühzeitige Betrachtung der grauen Energie in der Vorentwurfsplanungsphase, konnte die weitere Planung dahingehend optimiert werden, dass für die Errichtung ressourcenschonende Lösungen für die Bauteile entstanden. Dabei ist die Abhängigkeit zwischen Betriebs- und grauer Energie der verschiedenen Varianten aufgezeigt ohne dabei die Anforderungen an das Innenraumklima zu übergehen. Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Varianten für die Bauteile verglichen und hinsichtlich der grauen Energie evaluiert. Ziel ist es, die Variante, mit nach Kalkulation geringsten Gesamtenergiebedarf umzusetzen. Die Innovation dieses Vorhabens liegt in der radikalen Vereinfachung von Bau- und Herstellungsprozessen. Dabei steht neben Energieeffizienz auch im Fokus ein ressourcenoptimiertes Gebäude zu entwickeln. Um das Regierungsziel eines CO2 neutralen Gebäudebestandes bis 2020 erreichen zu können, wird die Implementierung des Aspektes der grauen Energie in den Entwurfsprozess unumgänglich sein. Diese geforderte CO2-Neutralität strebt an, grundsätzlich den Ausstoß von Treibhausgasen in allen Sektoren weitgehend zu vermeiden. Demonstriert wird dies bereits an einigen Beispielen im Bausektor durch den Einsatz rezyklierbarer, im Sinne kreislaufgerechter Materialen, verfügbarer Energiesysteme, architektonische Maßnahmen sowie erneuerbarer Energieressourcen. Die Einbeziehung der in Materialen gebundenen Energie bei der Planung von Bau- und Sanierungsmaßnahmen nimmt zunehmend einen höheren Stellenwert ein. Steigende Energiepreise und die ansteigende Nachfrage fossiler Energieträger fordern nach energieeffizienten Systemen sowie Konzepte für umweltverträgliche und zugleich flexiblere Bauweisen. Hierzu ist nicht nur die Umstellung auf erneuerbare Energieträger zur Versorgung der technische Systeme notwendig und eine Senkung des derzeitigen Energieverbrauchs um bis zu 70%, sondern auch die Reduktion des gesamten CO2 Ausstoßes. Die o.g. Schilderung eines ganzheitlichen Planungsprozesses wurde auf die Konzeption des „Alnatura-Campus“ angewendet. So soll der Verwaltungsbau durch ein optimiertes passives Gebäudekonzept mit reduzierten technischen Systeme zum Heizen, Lüften und Kühlen, ein behagliches Innenklima bereitstellen. Durch den Einsatz thermisch dynamischer Simulationen und der ganzheitlichen Betrachtung bereits in der Konzeptfindung wird dies im Bereich Energieeffizienz ein beispielhaftes Vorgehen aufzeigen. Dieses Vorgehen wird dazu führen, dass bereits in einer frühen Entwurfsplanungsphase Prognosen zum Energiebedarf im Betrieb in Kombination mit Betrachtungen zu Lebenszyklen und grauer Energie gemacht, und auf eine gemeinsamen Kennwert gebracht werden. Dadurch wird ein vergleichbarer Wert für alle Konstruktionsvarianten zur Quantifizierung des Gesamtenergiebedarfs – sowohl im Bau als auch für den Betrieb generiert. Dieser ergibt ggf. hohe Anforderungen an die Materialität der Fassade und der Ausbaumaterialien. Das Projekt eignet sich daher besonders zur Evaluierung und Ableitung von allgemeinen Strategien hinsichtlich der Potentiale grauer Energie im Entwurfsprozess sowie in Abhängigkeit zum Aufwand für die Anlagentechnik und die Betriebsenergie. Anstatt hochkomplexe technische Systeme einzusetzen, deren Steuerung und Wartung sehr aufwendig ist, sowie den Anteil grauer Energie stark erhöht, wird ein intelligenter, stoffgerechter Einsatz sorgfältig ausgewählter Materialien angestrebt. Die Innovation dieser Methodik liegt in der radikalen Vereinfachung von Bau- und Herstellungsprozessen mit dem Ziel, nicht nur ein Energie-, sondern auch ein einfaches, „ressourcensparendes“ Gebäude zu entwickeln.

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